Fachkräftemangel in der Bauindustrie und mögliche Wege aus der Krise

Einleitung

Der Fachkräftemangel in der deutschen Bauindustrie hat sich in den letzten Jahren zu einer ernsthaften Herausforderung entwickelt. Trotz eines zwischenzeitlichen Beschäftigungszuwachses verzeichnet die Branche seit 2024 einen Rückgang der Beschäftigtenzahlen. Dieser Trend gefährdet nicht nur die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen, sondern auch die Umsetzung dringend benötigter Bauprojekte.

Aktuelle Situation in der Bauindustrie

Nach einer Phase des Wachstums zwischen 2009 und 2023, in der das Bauhauptgewerbe netto 222.000 neue Arbeitskräfte gewinnen konnte, wird für 2024 erstmals seit 2008 ein Rückgang um 10.000 Beschäftigte prognostiziert. Diese Entwicklung ist auf eine Abschwächung der Baukonjunktur und einen Anstieg der Insolvenzen zurückzuführen. Zudem übersteigt die Zahl der in den Ruhestand gehenden Mitarbeiter die der Neueinstellungen deutlich. Ende 2023 wurden knapp 13.000 neue Ausbildungsverhältnisse registriert, während etwa 18.000 Fachkräfte in den Ruhestand traten. Besorgniserregend ist auch die hohe Abbruchquote: 40 % der Ausbildungsverträge im Hoch- und Tiefbau werden vorzeitig gelöst.

Ursachen des Fachkräftemangels

Mehrere Faktoren tragen zum Fachkräftemangel in der Bauindustrie bei:

  • Demografischer Wandel: Die alternde Belegschaft führt zu einer steigenden Zahl von Renteneintritten, ohne dass ausreichend Nachwuchs nachrückt.
  • Attraktivität des Berufsbildes: Physisch anspruchsvolle Arbeitsbedingungen und das Image der Branche schrecken potenzielle Bewerber ab.
  • Ausbildungsabbrüche: Die hohe Abbruchquote bei Ausbildungsverträgen verschärft den Mangel an qualifizierten Fachkräften.
  • Konkurrenz um Fachkräfte: Auch andere Branchen kämpfen um qualifiziertes Personal, was den Wettbewerb verstärkt.

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Auswirkungen auf die Branche

Der Fachkräftemangel hat weitreichende Konsequenzen:

  • Projektverzögerungen: Mangel an Personal führt zu Verzögerungen bei Bauprojekten.
  • Qualitätseinbußen: Unterbesetzte Teams können die Qualitätsstandards nicht immer halten.
  • Wirtschaftliche Verluste: Umsatzeinbußen und erhöhte Kosten durch ineffiziente Abläufe belasten die Unternehmen.
  • Gefährdung der Infrastrukturentwicklung: Wichtige Bauprojekte, insbesondere im Wohnungsbau, können nicht im erforderlichen Umfang realisiert werden.

Mögliche Lösungsansätze

1. Nachwuchsförderung und Ausbildungsinitiative

Die Bauindustrie muss verstärkt in den Nachwuchs investieren, um die Grundlagen für eine langfristige Lösung des Fachkräftemangels zu schaffen. Folgende Maßnahmen sind dabei besonders wichtig:

  • Verbesserung der Berufsorientierung: Frühzeitige Ansprache von Schülern durch Praktika, Berufsmessen und Schnuppertage kann das Interesse an Bauberufen wecken. Auch eine engere Zusammenarbeit mit Schulen und Berufsberatungen könnte den Zugang erleichtern.
  • Attraktivität der Ausbildung erhöhen: Eine moderne und praxisnahe Ausbildung, ergänzt durch digitale Lerninhalte, kann dazu beitragen, dass sich mehr junge Menschen für Berufe in der Bauindustrie entscheiden. Eine stärkere Vergütung während der Ausbildungszeit und gezielte finanzielle Anreize, wie Zuschüsse für Fahrtkosten oder Wohngeld, könnten ebenfalls helfen.
  • Reduktion der Abbruchquote: Um die hohe Abbruchrate von 40 % bei Ausbildungsberufen im Bauwesen zu senken, müssen Ausbildungsbetriebe verstärkt auf individuelle Betreuung setzen. Mentorenprogramme und regelmäßiges Feedback können dazu beitragen, Auszubildende besser in den Berufsalltag zu integrieren.

2. Integration von Arbeitslosen und Quereinsteigern

Die Rekrutierung von Personen, die bereits im Bauwesen tätig waren, oder die Umschulung von Fachkräften aus anderen Branchen bieten großes Potenzial:

  • Gezielte Umschulungsprogramme: Arbeitslose oder Beschäftigte aus anderen Sektoren könnten durch staatlich geförderte Schulungen auf Tätigkeiten in der Bauindustrie vorbereitet werden. Dabei können Kurzzeitqualifizierungen, wie Lehrgänge zu spezifischen Bautechniken, eine schnelle Lösung bieten.
  • Förderung älterer Arbeitskräfte: Erfahrene Fachkräfte, die kurz vor dem Renteneintritt stehen, könnten mit flexiblen Arbeitszeitmodellen länger im Beruf gehalten werden. Auch die Integration von Rentnern in beratenden oder unterstützenden Funktionen könnte den Fachkräftemangel abfedern.

3. Internationale Rekrutierung von Fachkräften

Die Anwerbung qualifizierter Arbeitskräfte aus dem Ausland hat sich bereits als effektive Maßnahme erwiesen, muss jedoch weiter professionalisiert werden:

  • Effizientere Anerkennungsverfahren: Die Prozesse zur Anerkennung ausländischer Qualifikationen müssen beschleunigt und vereinfacht werden. Dies erfordert mehr Personal in den zuständigen Behörden sowie die Einführung digitaler Plattformen zur Nachverfolgung von Anträgen.
  • Gezielte Kooperationen mit anderen Ländern: Partnerschaften mit Ländern wie Indien, Osteuropa oder den Westbalkan-Staaten könnten den Fachkräftebedarf decken. Dabei sollten speziell ausgebildete Rekrutierungsagenturen und bilaterale Abkommen die Zuwanderung fördern.
  • Unterstützung bei der Integration: Erfolgreiche Beispiele wie die Ed. Züblin AG zeigen, wie wichtig eine umfassende Betreuung neuer Arbeitskräfte ist. Unternehmen sollten Preboarding-Programme im Herkunftsland einführen, die erste Kontakte knüpfen und notwendige Unterlagen vorbereiten. Vor Ort sollten Onboarding-Maßnahmen wie Deutschkurse, Mentorenprogramme und Unterstützung bei Behördengängen Standard sein.

4. Verbesserung der Arbeitsbedingungen

Die Bauindustrie steht vor der Herausforderung, physisch anspruchsvolle Tätigkeiten attraktiver zu gestalten. Hier sind Maßnahmen gefragt, die die Arbeitsbedingungen deutlich verbessern:

  • Flexibilisierung der Arbeitszeiten: Eine Anpassung des Arbeitszeitgesetzes könnte mehr Flexibilität schaffen, insbesondere bei Schichtarbeit oder Projekten mit saisonalen Spitzen.
  • Investitionen in Arbeitssicherheit: Verbesserte Sicherheitsstandards und innovative Technologien zur Reduktion körperlicher Belastungen können das Arbeitsumfeld attraktiver machen.
  • Karriereperspektiven aufzeigen: Klare Aufstiegschancen und Weiterbildungsmöglichkeiten, etwa durch Meister- oder Technikerausbildungen, könnten Fachkräfte langfristig an die Branche binden.

5. Förderung der Digitalisierung und Automatisierung

Die Digitalisierung und der Einsatz moderner Technologien bieten enormes Potenzial, um den Fachkräftemangel zu entschärfen:

  • Building Information Modeling (BIM): Durch den Einsatz von BIM können Bauprozesse effizienter gestaltet und Arbeitskräfte entlastet werden. Dies reduziert die Notwendigkeit, Fachkräfte für administrative Aufgaben einzusetzen.
  • Automatisierung und Robotik: Der Einsatz von Baumaschinen mit KI-Steuerung oder Drohnen zur Vermessung von Baustellen kann den Bedarf an qualifizierten Arbeitskräften senken.
  • Digitale Weiterbildung: Online-Plattformen und E-Learning-Programme bieten die Möglichkeit, bestehendes Personal kontinuierlich zu schulen und auf neue Anforderungen vorzubereiten.

6. Training Within Industry (TWI)

Die aus der Industrie bekannte TWI-Methodik könnte auch im Baugewerbe einen entscheidenden Beitrag leisten:

  • Arbeitsunterweisungen (Job Instruction Trainings): Erfahrene Mitarbeiter werden geschult, ihre Kenntnisse systematisch und effektiv an neue Kollegen oder Auszubildende weiterzugeben.
  • Verbesserung der Arbeitsbeziehungen (Job Relations Trainings): Führungskräfte lernen, Konflikte zu lösen und ein motivierendes Arbeitsumfeld zu schaffen.
  • Effizienzsteigerung durch Prozessverbesserung (Job Methods Trainings): Optimierung von Bauprozessen und Arbeitsabläufen kann die Effizienz steigern und die Notwendigkeit zusätzlicher Fachkräfte reduzieren.

7. Staatliche Förderprogramme und Anreize

Die Politik spielt eine entscheidende Rolle bei der Lösung des Fachkräftemangels. Notwendige Maßnahmen umfassen:

  • Subventionen für Ausbildungsbetriebe: Unternehmen, die in die Ausbildung neuer Fachkräfte investieren, sollten finanziell unterstützt werden.
  • Förderung öffentlicher Bauinvestitionen: Eine Verstetigung der öffentlichen Bauaufträge schafft Planungssicherheit und fördert die Beschäftigung.
  • Vereinheitlichung der Bauvorschriften: Einheitliche Standards können Kosten und Zeitaufwand reduzieren, wodurch Unternehmen mehr Ressourcen für die Mitarbeitergewinnung bereitstellen können.

8. Förderung von Diversität und Frauen in der Bauindustrie

Eine bessere Einbindung von bisher unterrepräsentierten Gruppen wie Frauen könnte den Fachkräftemangel lindern:

  • Gezielte Ansprache und Förderung: Werbekampagnen und Förderprogramme speziell für Frauen könnten deren Interesse an Bauberufen wecken.
  • Kinderbetreuung und Familienfreundlichkeit: Familienfreundliche Arbeitszeitmodelle und Unterstützung bei der Kinderbetreuung machen die Branche attraktiver.

Fazit

Der Fachkräftemangel in der Bauindustrie stellt eine ernsthafte Bedrohung für die Branche dar. Es bedarf eines umfassenden Maßnahmenpakets, das sowohl soziale, wirtschaftliche und fachliche Faktoren berücksichtigt. Wir bei der Pejano Bauunternehmung GmbH setzen auf interdisziplinäre Rekrutierungswege und fördern unsere Mitarbeitenden nachhaltig. Sie wünschen sich ein modernes Arbeitsumfeld mit spannenden Projekten, einem kompetenten Team und interessanten Weiterentwicklungsmöglichkeiten? Kontaktieren Sie uns und starten Ihre Karriere als Bauleiter, kaufmännischer Projektbegleiter oder als operative Fachkraft bei Pejano! Wir freuen uns auf Sie!

 

Pejano Bauunternehmung GmbH, November 2024